Anger, Love and Hope

Refuge ist ein Sammelband von JJ Bola’s besten Gedichten aus seinen vorherigen Gedichtbändern: Elevate (2012), Daughter of the Sun (2014) und Word (2015). Word war sein erfolgreichstes und reichhaltigstes Buch, das direkt ausverkauft war. Das Buch erschien zur Refugee Week 2015 und war direkt vergriffen. Aus dem Band Refuge wurde nach seinem erstmaligen Erfolg, während der Flüchtlingswoche 2018 (Refugee Week London) im britischen Unterhaus vorgelesen. Der Roman No Place To Call Home (2017) ist eine Geschichte von Zugehörigkeit, Identität und Einwanderung. Geprägt von Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, von Verlust – nicht durch den Tod, sondern durch Distanz – und keineswegs durch Liebe.

JJ Bola kommt ursprünglich aus der Demokratischen Republik Kongo. Im Alter von sechs Jahren flüchtete er mit seinen Eltern nach London. Bis heute wohnt er dort und schwärmt im aktuellen Band von London, trotz der Schwierigkeiten mit denen er dort zurecht kommen muss: „-..the city lights sparkle, like a beautiful woman’s eyes, London always leaves me breathless.(‚london‘). JJ Bola ist heutzutage ein anerkannter und beliebter Autor und Dichter. Ebenso ist er aktiv für die Menschenrechte unterwegs und als Workshop-Leiter und Pädagoge tätig. Er tritt weltweit in vielen verschiedenen Shows und Festivals sowie auch in Universitäten auf (Tongue Fu, Vocals & Verses, University of Birmingham etc.). Ebenso kann man ihn in ausgewählten Radiosendungen hören und sieht ihn ab und zu im TV. JJ Bola’s Arbeit fokussiert sich auf poetische Erzählungen von Ermächtigung, Humanisierung, Heilung von Traumata sowie der Entdeckung des Ich’s durch Kunst, Literatur und Poesie. Er kreiert den immer beliebter werdenden Satz hype your writers like you do you rappers, und glaubt, dass der wahre Zweck der Poesie (Kunst) darin besteht, die Realität dieser Welt aufzudecken und dabei zu helfen, in dieser Welt zu überleben. Bola hatte es besonders am Anfang schwer in England als schwarzer Flüchtling anerkannt zu werden. In I found hip hop findet sich der Schmerz des Autoren wieder:…and excuse me that i still feel the pain if someone calls me and says that’s my n… because on the ships they used to call me n…. Er taucht mit diesem Zitat zurück in die dunkle Vergangenheit der Sklaverei und der Kolonisation. Diese Zeit ist vorüber, wir sind im 21. Jahrhundert, er fordert die Lesenden auf, ändert euch, ändert eure Sicht: think quicker. history is bigger than slavery and colonisation.. Er betont häufig das Problem des Rassismus in seinem Land. Die Rede ist vom systematischen Rassismus. In politics 101 wendet er sich direkt an die Politik,…our state of mind is poor…,…living like savages in an environment so primitive a knowledge…, …wage war. strategy four. reward those who conform to their system…, …the cataclysm’s got our tongue so, we stay silent…, …don’t trust what you read in the news or what you see on TV. Diese Zitate habe ich herausgepickt, da sie alle etwas darüber aussagen, warum das Problem von Rassismus und Ungerechtigkeit immer noch herrscht. JJ Bola stellt sich sehr kritisch gegen das politische System und will seinen Lesern mit diesem Gedicht die Augen öffnen. Versprochene Veränderungen werden nicht umgesetzt, die Probleme bleiben die gleichen,…to you, ‚change‘ is just a political sound bite to win you votes. to them, it was a symbol of hope, …lawlessness creates lawlessness, …if you cut we all bleed.. In if you cut (we all bleed)London, 2011, ärgert er sich über den Egoismus des Staates und dessen Gesetzlosigkeit und richtet sich mit seinen Aussagen direkt an das politische System.

Was mich positiv überrascht hat, war JJ Bola’s Hang zum Feminismus, der mir in einzelnen Gedichten auffiel. Er nimmt die Frauen in Schutz und entschuldigt sich für respektlose Taten. …I’m sorry for the deogatory epiphets and the slanderous names because we are not brave enough to rise up with you., (‚an apology‘). Er unterstreicht in seinen Gedichten die Fehler des Mannes. Dieser verhält sich nicht anständig und wurde/wird falsch erzogen. In real menbittet er die Männer sich zu verändern, Gefühle zuzulassen und ihre Söhne richtig zu erziehen. Die Definition des „echten“ Mannes basiert auf Lügen und Fehlverhalten: so be you. do not be confined by society’s ideals because real men don’t exist, only men who are real.

Gefühle. Ein starkes Wort. Ein Wort das vielseitig ist. Besonders das Gefühl der Liebe ist mächtig. Das zeigt uns Bola mit seinen ‚Liebesgedichten‘. Für ihn ist die Liebe essentiell für ein erfülltes Leben, „let love set us free“ (‚the key‘). Seine starke Verliebtheit spürt man im Gedicht i just wanna love her. Super kitschig, super romantisch, einfach toll zu lesen (als Mädchen). Er erzählt uns von seinem Schwarm. Mit jedem Vers wächst seine Schwärmerei noch mehr,…i just wanna love her like each day is the last and if i come to find, that tomorrow brings the end of my time i hope i’ll die her best friend. another thing i hope for is that i would have met her by then. Er verwendet traumhafte Wörter und schreibt so ein langes Gedicht für ein Mädchen, das er nicht einmal kennt. Melancholisch und charmant.

Obwohl JJ Bola kein einfaches Leben hatte und bis heute mit den gleichen Problemen zu kämpfen hat, ist er ein Optimist. Er fordert die Menschen auf richtig zu leben und nicht in Kummer zu versinken. Sie sollen trotz harter und steiler Wege niemals aufgeben und das Beste aus ihrem Leben machen (‚live‘ und ‚to those with wings for feet who keep running please do not run, fly‘). Beides tolle Gedichte, wenn man gerade in Selbstmitleid versinkt und eine Stärkung braucht.

JJ Bola ist ein einzigartiger Dichter. Alle Dichtungen sind kraftvoll, emotional und klar geschrieben. Sie haben mich tief berührt und zum Lächeln gebracht. Dieser Band ist sehr ausdrucksstark und widmet sich den aktuellen Problemen auf unserer Welt. Wie zuvor erwähnt, Rassismus und Ungerechtigkeit. Es ist schlimm anzuschauen was gerade passiert. Ich bin schockiert und sehr traurig. In this is not just betet Bola für alle Menschen, denen es gerade schlecht geht,…this is a prayer. This is eyes closed bended knees hands together in the air. This is for every struggle in humanity. From the Middle East to east Congo we are not alone. Er deutet klar daraufhin, dass wir Menschen zu einander stehen sollen und unsere gegenseitige Hilfe brauchen. Wir sind alle gleich. Nur zusammen als Team können wir etwas bewegen. Absolut wahr und absolut machbar. Seine Nachrichten an die Gesellschaft übermittelt er anhand seiner Gedichte, das spürt und fühlt man. Er will Probleme beseitigen, die Welt gerechter machen und das wahre schöne Leben leben. Ein toller Mann, ein toller Dichter.

Ich habe das Gedicht refugegewählt, da es zur momentanen schlimmen Situation in Amerika passt. Andersfarbige Menschen die nicht in ihrem Land wohnen, haben es oft sehr schwierig anerkannt und respektiert zu werden. Besonders dramatisch schaut es für die schwarze Bevölkerung aus. JJ Bola schreibt darüber, wie sehr sie versuchen sich an das Land anzupassen und täglich kämpfen endlich akzeptiert zu werden, they called us refugees so, we hid ourselves in their language until we sounded just like them.. Mit dieser Epiphrase macht Bola deutlich, wie stark man seine Kultur ablegen muss um dazuzugehören. Das reicht dennoch nicht. Die dunkelhäutigen Menschen werden bis heute nicht in Ruhe gelassen und bangen um ihre Existenz. Zwei Verse, mit der Verwendung der Repetitio (Wiederholung) unterstreichen die Angst der ‚Schwarzen‘ deutlicher: …and tell stories of monsters that lurked and came only at night to catch the children who sat and listened to stories of monsters that lurked., sowie „..be glad that the monsters never came for you. in their suits and ties. never came for you. in the newspaper with the media lies. never came for you. that you are not despised.. Mit monsters(Antonomasie) meint er vermutlich die Polizei, die immer „auf der Jagd“ nach ihnen ist. Sie fühlen sich nicht sicher und geborgen in ihrer Heimat. Sie fühlen sich ausgestoßen und sind in täglicher Gefahr. Es fühlt sich an wie der erste Tag seiner Ankunft in London: …everything was foreign. unfamiliar. uninviting. (Klimax)even the air in my lungs left me short of breath (Hyperbel). In Schwierigkeiten mit der Polizei zu geraten ist einer der größten Ängste der ‚Dunkelhäutigen‘. Denn das geht leider schnell.

Dieses Gedicht ist kraftvoll und hat mich verärgert. Es erschüttert mich immer wieder zu lesen, wie die Ausländer (insbesondere afrikanische Menschen) behandelt werden. Es kann nicht sein, dass wir heutzutage immer noch Rassismus so tief in unserer Gesellschaft verankert haben. Das muss sich ändern. Sofort. Man muss dieses Problem zusammen anpacken und ein für alle Mal beseitigen.

Am Samstag war ich auf der Anti-Rassismus Demo in Berlin und habe das Gefühl der Stärke von Zusammengehörigkeit gespürt. Das Wichtigste an dieser ganzen Sache ist, dass wir Menschen endlich zusammenhalten müssen. Nur zusammen als Team kann man funktionieren und etwas verändern. Nur zusammen kann man es schaffen. Egal welche Hautfarbe. Wir sind alle Menschen und verdienen es zu leben. Es muss Gerechtigkeit her und zwar jetzt.

Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden. Black Lives Matter.

Welcome to Houston

Bryan Washington, geboren 1993, ist ein amerikanischer Autor und kommt aus Houston, Texas. Seine Aufsätze und Fiktion Texte erschienen in vielen Zeitschriften, sei es The New York Times Magazine, The Paris Review, American Short Fiction oder Sender die über seine Werke berichteten wie BBC oder BuzzFeed. Man könnte noch eine Menge weiterer aufzählen. Seine ersten Romane Memorial und Lot erschienen 2020. Für sein Werk Memorial heimste er sich viel gute Kritik ein. The New York Times bezeichnete den Roman als ‚Notable Book of 2020‘ und TIME hat das Buch als „Ihr Roman des Jahres“ benannt. Noch mehr positives Feedback bekam er von Entertainment Weekly, Vanity Fair, etc.

Nachdem Memorial so gut bei der Gesellschaft ankam, brachte er direkt mit dem Verlag ‚Atlantic Fiction‘ seinen zweiten Roman Lot heraus.

Eine Story, die das alltägliche Leben der Houston’s Black und Latin Arbeiter zeigt, Ihnen eine Stimme gibt. Dreizehn unterschiedliche Geschichten über Erfahrungen mit Liebe, Eifersucht, Hass, Familie, Freundschaft…Erzählungen, die einen in das Leben der einzelnen Figuren eintauchen lassen. Der Junge der uns all die Geschichten erzählt, ist selbst Bewohner von Houston und all die Leute über die wir etwas erfahren, sind seine Nachbarn. Wir Leser*innen sind nun, sozusagen, auch Nachbarn.

Bryan Washington’s Hauptfigur ist ein Afro-Latino Junge der homosexuell ist und mit den Schwierigkeiten von Akzeptanz, Rassismus und Armut im Alltag konfrontiert wird.

Die erste Geschichte fängt damit an, wie der Junge seine Sexualität kennenlernt, nachdem er frisch mit seiner Familie nach Houston umgezogen ist, Roberto kennenlernt und die beiden sich direkt anfreunden.

Als homosexueller, Afro-Latino Junge hat man es schwer jemanden zu finden, so lässt er uns wissen:

to dark for the blancos, to latin for the blacks. Anhand dieser Aussage sieht man, dass der Rassismus tagtäglich eine Rolle spielt, selbst beim Sexleben.

Ein weiteres Thema, betrifft seine Familie. Seine Brüder und er munkeln darüber, wo deren Vater stecken könnte und wieso er so spät nach Haus kommt. Ihnen allen ist klar, er betrügt die Mutter. Sie fragen sich wieso und suchen nach ausschlaggebenden Gründen: „She’s gotta be white, said Javi. He’s already got a nigga. Otherwise there’s no fucking point. She could be Chinese, I said. Or mixed. She could be like us. Why the fuck would he leave home to go back home. Doesn’t matter what she looks like, said Jan. The point is that he’s gone.“

Übliche Familienprobleme, die manch einen auch betreffen. Washington gibt uns Einblick in das Heim von Menschen. Mit all seinen schönen und nicht so schönen Seiten.

Geschwister die spekulieren, zusammenhalten, ihren Vater nicht verstehen und zu ihrer Mutter halten. Unsere Hauptfigur lernt viele unterschiedliche und auch interessante Leute aus ihrer Nachbarschaft kennen. Wie Gloria, eine Frau, die gerne verreist, die Welt entdecken möchte und Literatur von alten, toten Männern liest: „It’s just another way to talk to the dead, she said. It’s another way to make a way, she said.“

Ich finde das Buch ansprechend und auch herzig geschrieben. In einem originellen Slang, mit Charakter und Persönlichkeit verpackt. Herzzerreißende Geschichten, stark und mutig präsentiert. „Audacious…Profound“, ‚New York Times‘, „Enthralling…Subtle but bruising“, ‚Guardian‘. Ein tolles Band voller Leben. Absolut lesenswert!

Neues Leben, neues Glück?

Helon Habila wurde 1967 in Nigeria geboren und arbeitet heute als Professor für kreatives Schreiben an der George Mason Universität. Mit seiner Frau und seinen drei Kindern wohnt er in Virginia. Er studierte Literatur an der Universität von Jos, in Nigeria. Später, 1999, ging er zurück nach Lagos, um dort als Journalist tätig zu werden. Er begann Kurzgeschichten sowie Gedichte zu schreiben und war ebenso als Literaturredakteur tätig. Für seine Arbeit erhielt er mehrere Preise, unter anderem den nationalen Lyrikpreis für das Gedicht Another Age. Im Jahr 2000 erschien sein erstes Kurzgeschichten-Band: Prison Stories. Direkt danach folgten mehr und mehr Werke des renommierten Autors. Love Poems erregte internationale Aufmerksamkeit und gewann den Caine-Preis für afrikanische Literatur. Weiter folgte ein Roman, der von Love Poems abgeleitet wurde: Waiting for an Angel, ein Roman über politische und soziale Strukturen während der Diktatur in Nigeria. Dieses Buch wurde mit dem Commonwealth Writer’s Best First Book (Africa Region) ausgezeichnet. Auch in Deutschland ist Habila ein Bestseller-Autor. Mit seinem Kriminalroman Oil on Water belegte er Platz zwei in der Kategorie für Internationale Krimis beim Deutschen Krimi Preis. Er hat noch viele andere tolle Werke geschrieben, bei denen es sich lohnt, vorbei zu schauen. Wie wir wissen, ist Habila Experte für Kurzgeschichten und gewann sogar wichtige Schreibwettbewerbe. Das Buch, dass ich Euch heute vorstellen möchte heißt ‚Travellers‘. Dieser Roman erschien zuerst 2019 in den USA (W.W. Norton and Company Verlag), dann auch in Großbritannien (Hamish Hamilton Verlag) und 2020 publizierte der Penguin Books Verlag diesen Roman als Taschenbuch.

Die Originalsprache dieses Romans ist englisch und er wurde von mir auch auf englisch gelesen, wie auch alle weiteren Romane.

Mit dem Roman ‚Travellers‘ eröffnet uns Habila eine eindrucksvolle Tür mit so vielen unterschiedlichen Facetten und Farben, die uns das Leben von Migranten anhand verschiedener Kurzgeschichten mitteilt.

Sei es das Leben der Transgender-Person, die in Deutschland hofft, endlich anerkannt und frei leben zu können. Oder das nigerianische-amerikanische Paar, dass zusammen versucht mit ihrem Kunststipendium in Berlin ein neues und besseres Leben zu beginnen. Auch vom  Doktor und Vater aus Libyen, der seine Frau und sein Kind während der Reise nach Deutschland verloren hat, wird erzählt. Sowie vom Vater und Ladenbesitzer aus Somalia, der alles versucht um seine Tochter vor der Zwangsehe zu schützen. Geschichten von emigrierenden Seelen, die alle auf der Suche nach einem erfüllteren Leben sind.

Im Roman werde auch typische Stereotype dargestellt, Stereotype, die Menschen aus anderen Ländern mit anderer Kultur, Religion und Hautfarbe gleich in eine Schublade stecken wollen und ihnen keine wirkliche Chance geben. Why,.do white people always assume every black person traveling is a refugee?. Ein Zitat aus der Geschichte des Studenten namens Mark aus Malawi. Es wird auch erzählt wie es in den Flüchtlingslagern

aussieht und was dort vor sich geht. Erschreckende Worte die einen schmerzen.

A week ago a man hanged himself in one of the bathrooms. Another woman went crazy and started screaming for no reason around the camp, she was subdued, but that night she stopped herself to death. Another man managed to scale this fence and threw himself into the waves, he drowned immediately.. Erzählt wird das vom Direktor des Flüchtlingslagers. Meiner Meinung nach ist es wichtig auch Textstellen wie diese zu zeigen, um zu verdeutlichen, dass es Migranten ganz und gar nicht einfach haben ein neues Leben, einfach mal so, zu starten. Habila verschafft uns mit dem Roman Einblicke in die Höhen und Tiefen der Reise von Migranten. Am meisten mitgenommen haben mich Erzählungen darüber, wie schwer es für Ausländer ist, in einem anderen Land ein Leben beginnen zu dürfen. Der Roman hat mich emotional mitgenommen und bleibt unbedingt in meinem Gedächtnis. Es ist gut und schön geschrieben und entwickelt direkt Empathie mit den einzelnen Personen im Roman.

Ich empfehle jedem das Buch. Diesen Roman sollte jeder gelesen haben, da dieses Thema jeden betrifft. Ein Roman, den man nicht so schnell vergisst.

Ada’s Schatten

Akwaeke Emezi ist halb Igbo und halb Tamil. Sie wurde 1987 in der Hauptstadt des nigerianischen Bundesstaates Abia, im südlich liegenden Umuahia geboren und wuchs ebenfalls in Nigeria auf. Von 2010 bis 2012 studierte Sie in New York, an der Universität für Internationale Politik und Nonprofit Management. Ab 2014 bis 2016 nahm Sie an der New Yorker Syracuse Universität an einem Kurs für kreatives Schreiben teil. Emezi schrieb zunächst für Einzelne Magazine, wo sie ihre Kurzprosa rausbrachte. Schon dort gewann Sie den Preis „Best Culture Writing of 2015“, für Ihren Text über die Herkunft (Who Will Claim You) in der Zeitschrift The Fader’s mit Who Is Like God

(https://granta.com/who-is-like-god/) erhielt sie 2017 den Commonwealth Short Story Prize für Afrika. Heute schreibe ich über Ihren ersten Roman Fresh Water, der 2018 bei Faber & Faber Limited, London erschien. Meine gelesene Ausgabe wurde 2019 herausgebracht. 

„Freshwater“ erzählt die Geschichte von Ada, einem etwas ungewöhnlichem Kind einer nigerianischen Familie. Ein ‚Problemkind‘ mit aggressivem Verhalten. Sie reist für ihr Studium nach New York und realisiert dort, warum sie sich anders fühlt als die anderen, sie entdeckt ihre verborgene, innere Kraft. Das Unterbewusste wird ihr bewusst. Das ‚neue Leben‘, dass seit ihrer Geburt in ihr schlummert und endlich ‚raus‘ darf, richtet ziemlichen Tumult in Ada’s Leben an. I started to come out more and more. On the porch of Lukas house, , I discovered that i could put out a cigar on Adas palm and a blister would rise.. Das Versteckte Etwas, das liebt Unheil anzurichten und Ada’s Leben an sich zu reißen. Auch eine Romanze im Roman kommt hier nicht zu kurz. Ada ist so sehr in Ewan verliebt, dass sie fürchtet, ihn zu verlieren. Um keinen Preis will sie, dass er über das ‚zweite Gesicht‘ erfährt. 

Der nächste Textausschnitt ist Ada’s Tagebucheintrag an Ewan, den ich sehr schön finde und mit euch teilen will: I will never forget how it felt to be overwhelmed by your beauty. You made me feel so alive so right, and I know that in the real world, I will feel nothing for you and I will move on, and well follow these rules because when it comes down to survival, we have to. I envy your girl, the one who holds your heart. If you ever need a break from this world, call me. I will come to you in a heartbeat and we will steal time.

Leider ist es nicht einfach so zu leben wie man möchte, wenn man etwas in sich hat, dass über dein Leben regieren will und alles in einer sehr hedonistischen Art und Weise. I remembered not being myself, just being a piece of a cloud. I was careless with her body, sha, not thinking about the responsibilities of having flesh. Consequences were a thing that happened to humans, not me..

Emezi’s Schreibstil ist sehr gut und sehr schön verpackt worden. Alles ist verständlich und übersichtlich geschrieben. Ich finde die Geschichte so toll und genial. Dieser Roman ist echt einer meiner Lieblinge geworden. Wie das i-D magazine sagt: An extraordinary debut noveloriginal an affecting.. „Fresh Water“ hat mich echt weggeblasen und ich lese es gerne ein zweites, drittes, viertes Mal. Eine eindrucksvolle, surreale Geschichte die es in sich hat. Bitte lesen!

„Korede, I Killed Him“

My Sister, the Serial Killer von Oyinkan Braithwaite, 2019 als Taschenbuch (Atlantic Books Verlag) herausgebracht, ist ein Kriminalroman mit einem Touch von Humor. Die Autorin wurde 1988 in Lagos/Nigeria geboren, wuchs dort auf und verbrachte ebenfalls einen Teil Ihrer Kindheit in Großbritannien. Sie studierte Jura und Kreatives Schreiben an der Kingston Universität in Jamaica sowie an der Surrey Universität in England und schloss erfolgreich Ihr Studium ab. Zuerst begann Sie Kurzgeschichten zu schreiben und brachte 2010 ein Band mit dem Titel The Driver heraus. Im Jahr 2018 startete Sie mit Ihrem ersten Roman My Sister, the Serial Killer durch. Und das, erfolgreich: „Leaves you torn between laughing and crying“-VOGUE, „A Literary Sensation“-GUARDIAN, „Fiendishly talented“-THE TIMES. Kommentare von weltberühmten Magazinen, die die Newcomer-Autorin strahlen lassen. Sie gewann 2019, als bester Kriminalroman, den LA Times Award, ein Jahr später dann auch noch den British Book Award. Sie wurde mehrmals nominiert und erhielt weitere Preise.

In dem Kriminalroman geht es um zwei Schwestern die unterschiedlicher nicht sein können. Korede und Ayoola. Korede ist die Hauptfigur, sie leitet uns durch die Geschichten, durch ihr Leben. Sie ist Krankenschwester, introvertiert und wünscht sich Liebe. Ihre Schwester Ayoola jedoch ist komplett anders. Sie ist extrovertiert, selbstbewusst und unberechenbar. Ayoola ist eine Serienmörderin. Korede ist die Einzige die davon weiß, sie ist Ayoola’s zweite Hand: First, the gather supplies()Second, they clean up the blood()Third, they turn him into a mummy()Fourth, they move the body.. Es sind nicht irgendwelche die Ayoola umbringt, es sind ihre Boyfriends. Femi ist nun schon der dritte. Während Korede ihr schlechtes Gewissen plagt, interessiert sich Ayoola weiterhin für Männer und geht mit der ganzen Sache unbekümmert um. Als Korede dann noch erfährt, dass ihre Schwester es auf ihren Schwarm Tade abgesehen hat, dreht sie innerlich durch. Der Einzige dem Korede vertraut und alles erzählt ist ihr Patient Muhtar, der im Koma liegt: Everyone is obsessed with her looks, MuhtarHe tells me he isnt, and I laugh. Youve never even seen her.

Korede glaubt, dass ihre Schwester das Böse von deren Vater geerbt hat. Da Blut dicker als Wasser ist, traut Korede sich bald selbst nicht: Is it in the blood? But his blood is my blood and my blood is hers..

An Femi’s Nachnamen konnte Ayoola sich nicht erinnern, jedoch an sein Gedicht an sie: I dare you to find a flaw, in her beauty; or to bring forth a woman, who can stand beside, her without willing.Warum hat sie Femi, nach so einer Liebeserklärung, umgebracht?

Dieser Krimiroman ist ein klasse Werk mit viel Charme und humorvoller Stimmung ab und an. Man möchte weinen oder lachen. Die Charaktere dieses Buches sind einzigartig. Besonders Ayoola’s Figur fand ich spannend und amüsant. Der Schreibstil ist einfach und sehr verständlich. Den Krimi hat man schnell, anhand der kurzen Kapitel, durchgelesen aber will eigentlich gar nicht, dass diese schwarze Komödie aufhört. Über eine Fortsetzung vom bitterbösen Roman würde ich mich freuen. 

Gerne auch neue Werke der jungen Autorin. Weiter so Oyinkan!

Ludo’s Vier Wände

José Eduardo Agualusa, ein genialer Schriftsteller, mein absoluter Lieblingsautor. Er wurde 1960 in Angola geboren und lebt als freier Schriftsteller und Journalist zwischen Portugal, Angola und Brasilien. Er hat seinen eigenen Verlag „Lingua Geral“ (seit 2006) und ist bekannt geworden durch seine Bänder mit Kurzgeschichten und seinem Lyrikband. Einer seiner bekanntesten Werke ist „Das Lachen des Geckos“, dieser Roman gewann 2007 den Independent Foreign Fiction Prize. Zuvor hatte ich schon eine Rezension über eins seiner Werke verfasst. „Die Gesellschaft der unfreiwilligen Träumer“ ein spitzen Science-Fiction Roman mit schöner Poesie. Das nächste Buch das ich euch empfehlen möchte ist „Eine allgemeine Theorie des Vergessens“. Zuerst erschienen 2016 in Vintage, des Penguin Random House UK Verlag. Aus dem angolanischen – Portugiesisch von Daniel Hahn ins Englische übersetzt worden (2015). Eine wahre Geschichte die verblüffend ist.

Als die angolanische Revolution beginnt, versteckt sich Ludovica mit einer Leiche in ihren eigenen vier Wänden, für dreißig Jahre. Sie wohnt in einem gewöhnlichen Hochhaus, mit noch anderen Leuten, in Luanda. Sie versorgt sich ganz allein und schottet sich komplett von der Außenwelt ab. Sie baut selber Gemüse auf ihrer Terrasse an und fängt Tauben um ihren Hunger zu stillen. Jeden Tag schreibt sie etwas in ihr Tagebuch und dichtet. Nicht nur auf Papier findet man ihre Schreibereien, auch an den Wänden wird geschrieben und gedichtet. Da Ludo absolut gar nicht mitbekommt, was gerade auf der Welt vor sich geht, findet sie ihre eigenen Wege um an Informationen gelangen. Sei es durch das Radio, durch Zeitungsschnipsel oder das einfache Belauschen ihrer Nachbarn. Diese flüchtigen Eindrücke helfen ihr sich ein Bild vom Zustand ihres Landes zu machen. Wir Leser*innen schauen selbst in das Land und lernen Opfer, Täter, Feinde, Revolutionäre sowie Profiteure dieser Zeit kennen, der Zeit von, Angola’s Kampf um Unabhängigkeit. Sei es der Musiker mit seinem weißen Lächeln, der nach Luanda geht nachdem Angola als unabhängig betitelt wurde und dort musizieren kann um sein Brot zu verdienen oder Jeremias, der eine zweite Chance erhält. Als Jeremias aus seinem langen Koma erwacht sieht er eine große fette Frau die ihn mit großen Augen anschaut aber mit klaren Worten sagt: „Yesterday they announced your death in the newspapers. They published a photograph – it was quite an old one, I almost didn’t recognise you. They said you were the devil. You died, you were reborn and you have another chance, Make the most of it.“

Wird Jeremias seine zweite Chance nutzen oder bleibt er der Teufel des Landes?

Unsere Hauptfigur Ludo verbringt keinen einzigen Tag draußen, dennoch findet sie Lust am Schreiben und somit entstehen wahre Kunstwerke in ihrer Wohnung. Überall findet man Geschriebenes, Dichtungen. Die dreißig Jahre ihres Eingeschlossenseins verfasst auf Blättern und Wänden. Ihr erster Tagebuch Eintrag wurde am 23. Februar 1976 geschrieben: „Nothing happened today. I slept. While asleep I dreamed that I was sleeping. Trees, little animals, a multitude of insects were sharing their dreams with me. (…) I awoke and was alone. If, while we are asleep, we can dream of sleeping, can we then, when awake, awaken within a more lucid reality?“ Man spürt die Einsamkeit und die Nachdenklichkeit bei Ludo. Sie sammelt durch ihre Texte ihre Gedanken und ersetzt dadurch die Kommunikation mit dem Mitmenschen.

Besonders toll finde ich Agualusas Arbeit mit der Poesie die mir immer wieder auffällt.

I carve out short as prayers, words are legions of demons expelled, I cut adverbs pronouns, I spare my wrists“. Ein kurzes Gedicht, das alles sagt, Ludo’s innere Welt veranschaulicht. Agualusa schafft es erneut uns mit diesem Roman zu überraschen. Eine geniale, wahre Geschichte, die man nicht aufhören will zu lesen. Bei Agualusa habe ich immer das Verlangen weiterzulesen, ohne Pause. Er kann die Leser mit in seine Welt hineinziehen. Und das ist, ganz große Kunst. Die verschiedenen Perspektiven der Figuren sowie die Tagebucheinträge und Gedichte so miteinander zu verbinden, ist interessant und toll. Geschichte, Spannungsfaktor, Schreibstil, top. Ein Roman und Autor zum Weiterempfehlen. Agualusa weiß einfach echt was ein guter Roman mit sich bringen soll. Fantastisch!

„Es ist unser Traum!“

José Eduardo Agualusa  ist ein weltweit bekannter und gefeierter Autor. Als Schriftsteller und freier Journalist wohnt er abwechselnd in Portugal, Angola und Brasilien. Der gebürtige Angolaner wurde 1960 in der Stadt Huambo geboren. Er studierte später Agrarwissenschaft und Forstwirtschaft in Lissabon, Portugal. Seine Werke umfassen Romane, Kurzgeschichten und Lyrikbände. Diese wurden mittlerweile in mehr als 20 Sprachen übersetzt. Er gewann mehrere Literaturpreise, unter anderem, für sein Werk O Vendedor de Passados [dt. Titel Das Lachen des Geckos, übers.: Michael Kegler, A1 Verlag, München, 2008]. Dieser Roman (den er sogar in Berlin schrieb) erhielt 2007 von der britischen Zeitung ‚The Independent‘ den Preis für das beste ausländische Werk.

Der Fokus von Agualusa’s Werken liegt auf den Eigenarten afrikanischer Merkmale, wie diese in Europa und Brasilien auftreten und in der Gesellschaft gesehen werden.

Auch, wie afrikanischer Merkmale in Europa und Brasilien auftreten und in der Gesellschaft gesehen werden. Geschichte und Fantasie bestimmen seine Bücher. Er erzählt historisch und teils realistisch mit einem Touch von Fantasie. Er stellt das Groteske in die Gesellschaft und deutet auf die Naivität dieser hin. Denn die Figuren der Geschichte nehmen das Absurde an, ohne es wirklich wahrzunehmen.

Kommen wir nun zum Roman ‚Die Gesellschaft der unfreiwilligen Träumer‘, ein Text, der die Ängste, Hoffnungen und Vorahnungen eines Menschen widerspiegelt. Ein Mensch auf der Suche nach etwas Bestimmten. Diese Suche ist dennoch tiefer verankert als die Wirklichkeit es zulässt, nämlich in den Träumen.

Der Roman spielt in den Jahren 2015/16 Angolas mit Erinnerungen an den Bürgerkrieg. Er bezieht sich auf die Ereignisse von 2015 und fiktionalisiert diese. Seien es die Regierungskritischen Jugendlichen hinter Gittern oder die langen Schatten der Partei nach dem Bürgerkrieg.

Gleich zu Beginn des Romans lernt Daniel Benchimol den ehemaligen Soldaten Hossi kennen. Hossi hat viel Erfahrung mit Träumen gesammelt und erzählt über die damalige Verbindung von Träumen, Kontrolle und Spionage:Die Leute träumten von mir, wenn ich in der Nähe war…Träume genau wie das Leben sei, nur ohne die große Lügen des Lebens.“ Daniel träumt viel und ist verwirrt, dennoch glaubt er daran, dass die Träume eine größere Bedeutung haben. Er findet Anhänger dieses Glaubens, Moira und Helío. Zusammen planen sie Großes, ein Traumlabor: Wir müssen dem Traum seinen praktischen Nutzen zurückgeben., denn, Viele Erinnerungen, die wir vergessen glaubten, kehren im Traum zurück. Das sind Aussagen, die diese Gruppe verbindet und zu selbständigen ‚Traumforschern‘ macht.

Agualusa kritisiert die Politik und die Gesellschaft zu der Zeit. Er macht Andeutungen über Rassismus und beschwert sich über das repressive staatliche System mit Sätzen wie: Dass man in einem Drittweltland geboren ist, merkt man daran, dass man mehr Angst vor der Polizei hat als vor Verbrechern.

Von den 17 Aktivisten im Roman ist eine Daniel’s Tochter Karinguiri. Sie kämpft mit den anderen für ein freieres, gerechteres und demokratischeres Land, jedoch mit den dramatischen Folgen der Internierung, die in einen Hungerstreik münden. Das Regime wird im Roman als ein schwaches dargestellt, was Karinguiri’s Worte unterstreichen: Wieso also fürchtet ihr Euch vor einem Regime, das schon zittert, wenn sieben Jugendliche, die absolut keine Macht haben, ihre Stimme erheben? Mit „Euch“ meint sie die Bevölkerung und will diese dazu auffordern „mitzukämpfen“, ohne Angst.

Die Geschichte wechselt oft zwischen Gegenwart und Vergangenheit, sowie zwischen der Perspektive von Daniel und Hossi. Die Textanteile des Letzteren sind poetisch gestaltet worden und grandios zu lesen. Ebenso gefallen mir die einzelnen Theorien über die Träume, die erwähnt werden. Ich selber bin interessiert an der Traumwelt und fand es spannend die Träume auf verschiedenen Ebenen zu betrachten. Träume aus der Vergangenheit und Zukunft sowie Träume im Zusammenhang mit Gefühlen und Erinnerungen. Die Geschichte ist wie ein Puzzle, das man zusammensetzen muss. Außerdem blieben bestimmte Zitate von den Figuren des Romans bei mir hängen, die ich gerne mitnahm. Ein Buch voller Emotionen und Lebensweisheiten. Ein Roman voller Unterhaltung, der im Gedächtnis bleibt und den man gerne ein zweites Mal liest.

Unberechenbar, gefährlich, Lagos.

Lagos. Die größte Stadt Nigerias mit über 22 Millionen Einwohnern. Der Band ‚Lagos noir‘ gibt uns einen Einblick in die dunklen Seitengassen dieser Stadt, überschwemmt von Chaos und Kriminalität. Auf den Inseln Ikoyi und Victoria Island sieht man eine positive Veränderung. Dort dennoch, hat sich nun die Elite angesiedelt. Für sie sieht es sonniger aus als für manch andere in Lagos. Die ärmere Bevölkerung hat immer noch mit denselben Problemen zu kämpfen. Ohne Geld wird man von Lagos gefressen. Geld ist Sicherheit. Sicherheit gibt einem die Polizei. Hat man dennoch kein Geld, erhält man auch keinen Schutz.

Dass Polizisten sich bestechen lassen, ist in den Geschichten aus Lagos noir Alltag. Eine Hand wäscht die andere. Bereist die erste Kurzgeschichte erzählt von der verbreiteten Korruption im Polizeisystem Nigerias. What They Did That Night handelt davon, wie der Unteroffizier Gabriel eine Bande auf frischer Tat ertappen will. Doch er ahnt er nicht, was für schwere Steine ihm in den Weg gelegt werden. Erstklassig von dem nigerianischen Schriftsteller Jude Dibia, der in Lagos geboren wurde, geschrieben. Dibia ist einer der populären Autoren in Afrika. Er wurde bekannt durch seine speziellen und in Afrika überragenden Themen. Sein in 2007 veröffentlichter Roman Walking with Shadows erzählt von der Homosexualität unter verheirateten Männern in Afrika.

In Lagos noir schreibt der Herausgeber Chris Abani über Homosexualität in Nigeria als Mordmotiv und gesellschaftlichem Tabu. Dies ist ein schwieriges und noch nicht anerkanntest Thema im Land. Wenn ein Autor über diese Problematik schreibt, zeigt er wahren Mut. In Killer Ape ist die Hauptfigur ein homosexueller Polizeiermittler namens Okoro, dessen Vorbild Sherlock Holmes ist. Er beschließt seinen Fall zu fälschen. In Schwierigkeiten geraten will er nicht. „This was one of those moments when he was grateful there was a line to toe.“, der finale Satz der Erzählung und somit die finale Entscheidung von Okoro. Abani ist ein weltbekannter und geliebter nigerianischer Diaspora Autor, der für sein Werk schon mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde. In einer seiner populärsten Fiktionen The Secret History of Las Vegas soll Detektiv Salazar Mordtaten ermitteln und trifft dadurch auf viele dunkle Geheimnisse der Stadt. Als Herausgeber von Lagos noir bringt Abani Autoren zusammen, die großartig schreiben und alle Lagos selbst erfahren haben. Nicht nur prominente Autoren wie A. Igoni Barrett durften zum Band Lagos Noirbeitragen, auch „Neulinge“ haben ihren Platz in diesem Sammelband, der afrikanischen Kriminal- und Stadtliteratur in sich vereint.

A. Igoni Barrett ist ein junger Autor und Kurzgeschichten sind sein Ding. Für Lagos noir schrieb er eine kurze Story über eine große, fette Ratte die einen Mann verfolgt.

Alle Kurzgeschichten des Bandes zeigen uns andere, persönliche Schwierigkeiten, mit denen die Einwohner Lagos’ konfrontiert werden. Die Probleme erstrecken sich von Korruption im Polizeisystem bis hin zum Post-Kolonialismus. Die Geschichten spiegeln die Ängste und Sorgen der Bevölkerung wider und hinterlassen unweigerlich Spuren bei den Lesenden.

Lagos noir veranschaulicht tiefergehende Probleme, zusammengebracht in einzelnen Erzählungen von Autoren mit diversem Hintergrund. Viele der Stories implizieren eigentlich genau das, was man als westliche Person über Afrika denken würde. Chaos, Betrug, Korruption. Und die Bevölkerung von Furcht erdrückt. Einzelne Geschichten lassen einen buchstäblich kurz den Atem anhalten. So in Heavens Gateverfasst von der nigerianisch-belgischen Schriftstellerin Chika Unigwe. Zu Beginn der Geschichte wird die „Gesetzeslage“ in Lagos wie folgt zusammengefasst: “Lagos police and commercial drivers had an unwritten agreement: the latter were fair in the amounts of bribes they gave and the former never assaulted them.”.

Es ist erschreckend wie dort alles geregelt wird. Was wir im Westen als ’normal‘ betrachten, wird in Lagos bewusst abgelehnt. Dort herrschen andere Regeln. Dort geht es um das eigene Überleben. Hier wird nicht unbedingt nach dem Gesetz gelebt. Das Gesetz wird jedes Mal betrogen. Zugunsten des eigenen sicheren Lebens. Schuldige sind ‚unschuldig‘ und man versichert sein Leben indem man Polizisten bezahlt. Geld regelt in Lagos den Status. Wer mehr hat, der ist auch mehr wert. Die Kluft zwischen arm und reich ist groß. Der Hass der ärmeren Bevölkerung auf die Elite ist enorm, wie besonders in Dibias Geschichte gelungen dargestellt wird. Die Oberschicht hat viel Geld und somit weniger Probleme. Wie groß der Einfluss der Elite ist, beschreibt Abani in Killer Ape.

Das Genre Fiktion ’noir‚ (Roman ‚noir‘) schließt in diesem Band Kriminal- sowie Stadtliteratur ein. Die Kriminalliteratur ist eine postkoloniale Literatur, adaptiert aus der westlichen Welt und gehört dennoch mittlerweile zu den attraktivsten Unterhaltungsgenres Afrikas, in denen die jeweiligen lokalen Realitäten widergespiegelt werden. Fiktion ‚noir‘ gibt es schon länger auf dem Markt, erreichte jedoch seit dem Jahr 2000 einen besonderen Aufschwung. Lagos noir stellt mit seinen Kurzgeschichten die Justiz sowie Gesellschaftsordnung Nigerias in Frage.

Auch als Stadtliteratur ist Lagos noir ein attraktiver Band. Die Autoren lassen uns in jeder Ecke von Lagos, Mäuschen spielen, sei es in Randgebieten oder mittendrin in der lebendigen Stadt. Alle Figuren sind von der Stadt geprägt und alle Geschichten spielen sich nie außerhalb des ausgewählten geographischen Raumes ab. Nnedi Okorafor, eine nigerianische-amerikanische Schriftstellerin, hat für den Band eine Geschichte über einen außergewöhnlich interessanten Charakter geschrieben und seine Umgebung gut rübergebracht. Dieser heißt Showlogo und er arbeitet auf einer Farm in der Stadt. Ich fand den Mann mit den Superkräften auf Anhieb sympathisch. Okorafor besitzt das kostbare Talent, als Autorin die Figuren einer Story, dem Lesenden nahe zu bringen.

Genau das macht dieses Buch so effektvoll. Als Lesende erhält man einen gekonnten Überblick über die Stadt. Man lernt die einzelnen Stadtviertel kennen, deren Eigenschaften und deren Leute. Man erfährt, wo die Elite wohnt und wo Armut herrscht. Wir lernen die Einwohner Lagos kennen. Jedes Mal aus einem anderen Blickwinkel. Durch den Stil der verschiedenen Autoren ist jede Kurzgeschichte auf ihre spezielle Art und Weise immer wieder eine unerwartete Überraschung. Es ist auch interessant zu sehen worüber die einzelnen Autoren schreiben. Wer sieht wo Probleme in der Gesellschaft von Lagos und wo Gefahr? Es gibt Überschneidungen bei den Autoren, ebenso Unterschiede. Als Leserin möchte ich direkt eine Kurzgeschichte nach der anderen lesen. Die Kurzgeschichten sind an eine Leserschaft gerichtet, die nicht 300 Seiten mit ein und derselben Geschichte verbringen wollen, sondern die Abwechslung lieben. Dieser Sammelband ist für die Lesenden unter uns, die unerwartete Wendungen mit dunklem Touch interessant finden. Die jedes Mal erneut die Neugier antreibt, was diesmal Unglaubliches in Lagos passiert ist. Das Buch bleibt durchgehend spannend und aufregend. Die Vielfalt der Kurzgeschichten von unterschiedlich erfinderischen Autoren, schaffen es jedes Mal, leuchtende Augen zu erzeugen und bleiben tief im Gedächtnis haften. So eine bunte Palette an eindrucksvollen Krimi-Kurzgeschichten über Lagos finden wir wirklich nur in diesem Taschenbuch.

Lagos noir ist Teil der weltbekannten City noir Buchserie von ‚Akashik Books‚. Diese Krimireihe hat insgesamt großen Erfolg erlangt und sogar einen Award erhalten. Crime Fiction erzählt aus aller Welt, von Berlin bis nach Lagos. Die Geschichten sind in erstklassigem Stil geschrieben und strahlen pure Lebendigkeit aus. Die Lesenden werden zum Teil der Stadt und ihrer Schattenseiten. Lagos noir ist spannend zu lesen, da der Ansatz von Problemlösung gegen die Kriminalität sehr speziell ist und man jedes Mal über den Ausgang der Geschichte verblüfft wird. Lagos ist eine einprägsame, gefährlich schöne Stadt. Der Band Lagos noir ist für ein Publikum interessant, das etwas Neues lesen will, das anders ist als die gewöhnlichen, bekannten Krimi-Stories. Auf jeden Fall ein Muss für alles Crime Fiction Fans unter uns.

„Er hat gesagt er ist zugleich der Tod und das Leben“

David Diop, geboren am 24. Februar 1966 in Paris und im Senegal aufgewachsen, ist Schriftsteller, Literaturwissenschaftler und unterrichtet französische Literatur an der Universität Pau in Frankreich. Nachts ist unser Blut schwarz ist sein zweites Buch und gewann in Frankreich den ‚Prix Gouncourt des Lycéens 2018′. Der Roman wurde schnell beliebt und wurde als faszinierende Literatur gefeiert. Im Roman erörtert Diop die Humanität in inhumanen Zeiten und zieht die Leser ins tiefste Innere der dunklen und grausamen Tage des Krieges. Seine Inspiration für den Roman, entstand aus einer Lektüre persönlicher Briefe (gesammelt von Historiker Jean-Pierre Guéno) aus dem ersten Weltkrieg von französischen Soldaten, die ihre Gefühle und Gedanken während des Kampfes zwischen 1914 und 1920 auf Papier niederschrieben. Briefe von Senegalschützen (Soldaten aus dem Kolonialreich Frankreichs in West- und Zentralafrika), die für die französische Armee kämpften waren die Inspiration. Diop verfasste einen fiktiven Text, der die Gefühle und Gedanken eines afrikanischen Soldaten wiedergibt. Durch das literarische Mittel der „erzählenden Gedanken“ entsteht eine innigere und persönlichere Ebene, die die Zeit des Grauens umso mehr verdeutlicht und den Lesenden zur Empathie zieht.

Im Roman schauen wir in Alfa Ndiaye’s Gedanken hinein. Ndiaye ist ein schöner afrikanischer Soldat aus dem Senegal, Sohn eines alten Mannes, und ein echter Kämpfer.

Das Buch fängt damit an, dass Ndiaye seinen besten Freund, seinen Seelenverwandten Mademba Diop beim Kampf gegen die deutsche Armee verliert. Er fühlt sich schuldig und will sich ändern, für Mademba. Ndiaye wird brutal und unberechenbar. Aus Rache am Tod von Mademba tötet Ndiaye die Feinde barbarisch und sammelt feindliche Hände wie Trophäen. „Für alle, schwarzen und weißen Soldaten, wurde ich der Tod., alle nennen ihn den Seelenfresser (dëmm), einen Hexenmeister. Selbst vor seinem Blick haben sie alle Angst. Verwirrung: „Bis zur dritten Hand war ich ein Kriegsheld mit der vierten wurde ich ein gefährlicher Wahnsinniger, ein blutrünstiger Wilder. Bei der Wahrheit Gottes, so sind die Dinge, so ist die Welt: Alles hat zwei Seiten..

Der Einzige, der zu ihm hält ist sein französischer Kriegskamerad Jean-Baptiste, dieser stirbt leider seinerseits einen hässlichen Tod auf dem Schlachtfeld. Ndiaye war nun komplett alleine und hörte mit seinem grausamen Rachezug nicht auf:Bei der Wahrheit Gottes, ich habe gewusst, ich habe verstanden, was ich zu tun hatte.. Obwohl viele Ndiaye fürchten, hatte er ebenso viele Verehrerinnen und Verehrer. Ohne Worte kann er ‚alle‘ von sich beeindrucken: Ich lächle die anderen an, und sie lächeln zurück., „Bei der Wahrheit Gottes, ich weiß, dass ich schön bin, alle Augen sagen es mir.

Ndiaye, ein 20jähriger junger Mann, der von Tag zu Tag erwachsener wird und sich selber kennenlernt: Wo bin ich? Mir ist, als kehrte ich von weither zurück. Wer bin ich? Das weiß ich noch nicht.. Er ist überfordert mit der Gesamtsituation und handelt so, wie er es für richtig hält. Ndiayeachtet auf keine andere Meinung und verarbeitet seinen Schock wie er das möchte. Durch all diese Erfahrungen im Krieg und außerhalb des Schlachtfeldes erfindet sichNdiayeneu, er wird erwachsen und wächst. Ganz besonders liegt der Fokus für ihn auf seinem Körper: Mein Körper sagt mir, dass ich ein Ringkämpfer bin, und das genügt mir. …Mir genügt es von nun an völlig, die Kraft meines neuen Körpers zu entdecken..  Der Roman veranschaulicht die Entwicklung des jungen Soldaten, physisch sowie psychisch. Alfa Ndiaye lebt seit dem Tod von Mademba Diop für beide: Bei der Wahrheit Gottes, ich schwöre dir, so wie ich uns denke, ist er ich, und ich bin er..

Wie zuvor erwähnt, istNdiaye ein Junge, der seinen Schock und die Erfahrungen des ersten Weltkrieges auf eigene Weise verarbeitet und zum Mann heranwächst.

Trotz seiner Barbarei macht Ndiaye einen sympathischen Eindruck beim Leser. Die Gedankenzüge des jungen Soldaten erscheinen einem mal naiv, mal klug, mal gegensätzlich und mal verständnisvoll. Er denkt oft an Gott und spricht innerlich zu ihm. Er spricht nie seine Gedanken laut aus und lässt seine Offenheit von Gefühlen im Zaum. 

Ndiaye liebt (schöne) Frauen und sieht sogar im Kriegsgraben das Merkmal einer Frau: …als ich ganz nah am gegnerischen Graben ankam, der wie unserer offen dalag wie das Geschlecht einer riesigen Frau, einer Frau so groß wie die Erde.. Er erzählt uns von seiner Liebesnacht und weiß, dass nur ein Blick der Frau auf die Mitte seines Körpers nach Lust ruft: Ich weiß ich habe verstanden, mir wurde klar, dass sie mit mir schlafen wollte.

Im Roman bemerkt man, dassDiopmit Wiederholungen gearbeitet hat. Bestimmte Aussagen und kleinere Absätze wurden direkt auf der nächsten Seite nochmal wiedergegeben. Dies dient dazu, den Lesern das Gedankenspiel realistischer darzustellen. Denn, die Gedanken sind bei einem Menschen nie strukturiert und geordnet. Die Gedanken wechseln, wiederholen und ändern sich. Ich finde dies kreativ gestaltet und interessant zu lesen. Diese Repetitio stört keinesfalls, sie gibt dem Roman einen realistischen Touch. Immer wieder kehrende Satzanfänge die mir persönlich aufgefallen sind, gefallen haben und den Roman bis zum Schluss ausgezeichnet haben: Ich weiß, ich habe verstanden…, „Bei der Wahrheit Gottes…. Satzanfänge, wahrhaft und passend zur Persönlichkeit des Soldaten gewählt: Ndiaye’s Verbindung zu Gott, seine Ehrlichkeit und sein Selbstbewusstsein.  

Das einzig Negative, das mir auffiel, waren manche Begriffe, dieDiopverwendete, wie ‚Schokosoldaten‘, ‚Schokomohren‘. Wahrscheinlich sollen diese Bezeichnungen darauf hindeuten, wie die Afrikaner früher von der westlichen Welt genannt und behandelt wurden.

Zum Schluss jedoch, möchte ich diesen Roman weiterempfehlen. Er ist lesenswert und speziell geschrieben. Ich finde das fiktive Erzählen toll gewählt und sehr passend. Dieser Roman liest sich wie ein Tagebuch, das man aus alter Kriegszeit gefunden hat. Intim und persönlich. Der Roman ist für Leser*innen, die sich für Geschichte interessieren und denen Bücher im Stil eines Diariums gefallen. Also, wenn ihr wissen wollt, warum Ndiaye mit seinen Zeichnungen sogar den Doktor verblüfft und was es mit den Löwen-Hexer auf sich hat, holt euch diesen Roman.

Ein Fehlkauf wird dies ganz sicher nicht.

Der Mut der afrikanischen „Queer“ Frau

Queer ein heutzutage aktueller Begriff. Einige Menschen auf der Welt bezeichnen sich als genderqueer. Sie ordnen sich keiner geschlechtlichen Rolle zu. Sie sind das „dritte Geschlecht“ der nicht-binären Geschlechtsidentität. Das Geschlecht wird bei ihnen nicht nur in männlich und weiblich, Sexualität nicht nur in hetero und homo eingeteilt, sondern sie sehen eine riesige Fülle an Geschlechtern und sexuellen Identitäten (LGBTQ). LGBTQ-Personen haben es nicht leicht und kämpfen noch bis heute für ihre Anerkennung und Rechte. Die LGBTQ Rechtsgrundlage ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. In Deutschland, beispielsweise, hat die Bundesregierung, seit Sommer 2017, den Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus beschlossen und lehnt Feindlichkeiten gegen Queer“-Menschen ab. Seit 2001 gibt es in Deutschland die eingetragene Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Ein Fortschritt, der Deutschland stolz machen kann. Südafrika hat die gleichgeschlechtliche Ehe sogar schon 1994 erlaubt. Leider schaut es mit den Rechten für LGBTQ-Personen nicht überall in Afrika so sonnig aus.

In dem hier besprochenen Buch, She Called Me Woman: Nigeria’s Queer Women Speak“, herausgebracht von drei nigerianischen Autoren namens Azeenarh Mohammed, Chitra Nagarajan, und Rafeeat Aliyu, die sich für die Rechte von Frauen einsetzen und mit dem Buch ein Statement setzen wollen. Die drei Herausgeberinnen setzen sich für die Legalisierung der Rechte von Queer People ein und geben uns mit dem Buch einen Einblick in das alltägliche Leben afrikanischer Queer-Frauen. Die Erzählungen sind zusammengefasste Interviews von 25 betroffenen Frauen, im Alter von 20 bis 42 Jahren, aus Nigeria. Sie berichten über ihre Erfahrungen und erzählen uns über die Probleme, mit denen sie als queere Personen konfrontiert sind. Die Namen der Interviewten (oder: der Erzählerinnen) wurden aus Sicherheitsgründen geändert.

Als deutsche Leserin wird man schnell feststellen, dass die politische Lage in Afrika gegenüber LGBTQ-Menschen gewiss kritisch und problematisch ist. Eine Akzeptanz ist zwar vorhanden, dennoch werden sie immer noch aus der Gesellschaft ausgegrenzt. Homophobie und Heterosexismus ist in den afrikanischen Staaten noch weit verbreitet. Die Legalität von Queer“ Menschen ist gering ausgeprägt im Kontinent. In den meisten Staaten Afrikas, gelten homosexuelle Handlungen als Straftat, als illegal. Äußert man sich über sein „drittes“ Geschlecht kommt es zu starken Konsequenzen. Angefangen mit Bußgeldern bis hin zur Todesstrafe (Bsp.: Liberia, Nigeria). Nicht nur der Staat ist dagegen, auch die eigene Familie zeigt kein Verständnis. The biggest problem my sexuality has caused me is with my family. Family.Family.Family. My brother is very homophobic.In ‚What I Have Been Missing‘ erfahren wir über IX unbeschwerte Kindheit in Kaduna, Nigeria, dank ihrer Eltern. Sie sieht die öffentliche Abneigung gegen ihre Sexualität und versteht, dass die Beziehung zwischen ihrer Familie und ihr, nie mehr so sein wird wie sie es mal war.

Nigeria ist ein sehr religiöses Land. 50% der Bevölkerung sind Muslime und 45% Christen. Die strenge Religion im Land bereitet den QueerMenschen das größte Problem. Sie werden von der Gesellschaft nicht akzeptiert. In ‚I Pray That Everyone Has Forgotten“ redet TQ über ihre Sorge, von ihrer sehr streng christlich gläubigen, Familie ausgestoßen zu werden. Die Familie ist, für alle erzählenden Frauen in diesem Buch, das Wichtigste und sie wollen diese nicht verlieren. QM beschreibt „I Only Admire Girls“, wie sie wegen ihrer sexuellen Orientierung ihre Familie verloren hat. Sie ist eine Schande für die Familie geworden. Der Hass auf „Queer“ Leute ist groß im muslimischen Zamfara. Ein anderes Leben zu leben ist tabu. Die Frauen haben dort nichts zu sagen. Sie müssen heiraten und eine Familie gründen.If you go to school, they will say your parents are not good people. You have to get married, because that is where your life ends.“ Erschreckende Aussagen, die das Leben dieser Frauen nicht einfacher machen.

Viele der „nicht-binären“ Frauen sind religiös, bezeichnen sich aber als spirituell. Sie glauben nicht daran, dass Liebe zu einem gleichgeschlechtlichen Menschen eine Sünde ist. O.F. in ‚Love Is Not Wrong‘, plädiert für eine grenzenlose Liebe die nicht von der Religion abhängig ist: I believe in God but not religion.. Die religiöse Bevölkerung demonstriert jedoch homophobes Verhalten gegenüber der genderqueer“ Gesellschaft. Sie reden schlecht hinter dem Rücken und verbreiten Gerüchte. Es werden so schlimme Dinge gesagt, dass wenn man zuhören würde, die Kraft nicht mehr reichen würde alles zu ertragen: They see it as something demonic, something devilish.

I don´t have any business with whatever they say. If I listened to them, i wouldnt´t be alive..

Eine Aussage von der selbstbewussten L.N. in ‚I Am Proud To Be A Lesbian‘, einer der jüngsten Queer“ Frauen, mit 22 Jahren, in diesem Buch.

Es ist interessant zu sehen wie die Frauen ihre sexuellen Interessen entdeckt haben und damit umgegangen sind. Manche waren sich schon früh sicher und manche haben es erst nach langjährigen Versuchen, der Norm zu entsprechen herausgefunden. Religion und Familie stellt für jede ein großes Problem dar. Man sieht, dass die ein oder andere furchtloser mit der Situation umgeht und versucht das Beste aus ihrem Leben zu machen (s. LN, I Am Proud To Be A Lesbian).

Anderen wiederum ist die Akzeptanz von Leuten sehr wichtig. Ohne diese, kann sie, kein normales Leben führen. QM, aus Zamfara versteckt sich bis heute. Es ist offensichtlich, dass viel auf dem Spiel steht, wenn man sich über seine „nicht-binäre“ Geschlechtsidentität äußert. Man könnte die Familie, die Freunde und die Arbeit verlieren. Sogar das Ansehen und den Respekt der Bevölkerung. All diese echten Erzählungen zeigen den Mut jeder einzelnen „Queer“ Frau. Ich bin beeindruckt, wie sie trotz der ganzen Erschwernisse und dem Hass von außen, sich selbst treu bleiben. Keine der Frauen hat sich ergeben und sich an die Gesellschaft angepasst. Sie leben ihr Leben weiter, in der Hoffnung, dass sich etwas ändert. Natürlich ist es traurig zu lesen, dass sich eine Frau verstecken muss um nicht gesteinigt zu werden für ihre ‚Sünde‘ (‚I Only Admire Girls‘). Denn, auch L.N., die einfach ihr Leben als Queer“ weiterlebt, muss über ihre sexuelle Orientierung in der Öffentlichkeit schweigen und darf diese nicht „hundertprozentig“ ausleben.

Dieses Buch ist einfach geschrieben und leicht zu lesen. Es gibt uns, trotz dunkler Einblicke in die Realität dieser jungen Frauen, auch unterhaltsame Wendungen mit. Alle Frauen kommen sympathisch rüber und als Lesender habe ich den Eindruck ein ‚Tagebuch‘ lesen zu dürfen, da die Texte formlos und voller Gefühl geschrieben sind. Mir persönlich gefällt dieser leichte Schreibstil, wobei ich sagen muss, dass mir bei der einen oder anderen Geschichte der rote Faden gefehlt hat und die Erzählung ziemlich durcheinander schien. Alles in allem möchte ich dieses Buch weiterempfehlen. Es trägt viel Herz und Mut in sich und ist ideal geeignet um einen ersten Einblick in das LGBTQ Leben nigerianischer nicht-binär Frauen zu erlangen. Den europäischen Lesern lege ich das Buch auch ans Herz. Besonders für die Lesenden unter uns die sich mit den LGBTQ Thema auseinandersetzen, ist dieses Werk ein Muss. Auf der ganzen Welt gibt es QueerMenschen. Aber nicht überall wird das akzeptiert. Ein gefühlvolles und echtes Buch.