Zwischen genial fantastisch und vorhersehbar changieren die von Chris Abani in 2018 in „Lagos Noir“ zusammengestellten Kurzgeschichten. Was Abani gelingt, ist ein vielfältiges, breitgefächertes Bild einer der größten Metropolen des Kontinents zu zeichnen. Jedes „Verbrechen“ wird in einem anderen Stadtteil begangen, der_die Leser*in empfindet die schwülen Nächte des auf einem Motoradtaxi zum Tatort fahrenden Kommissars mit, fiebert mit Spannung der Auflösung des Falls entgegen. Nicht immer endet die Geschichte wie erhofft, wie erwartet; einige Wendungen muten doch etwas konstruiert an, bedienen Klischees. Und doch tauche ich immer wieder mit Neugier in jeden der Plots ein. Chris Abani, dessen Vater aus Nigeria stammt, beschreibt im Vorwort zu seinem Sammelband wie die Stadt Lagos zunächst nur ein Ort in seiner Vorstellung war, bis er selbst Zeitzeuge der Stadt wurde, die nie schläft und noch wach ist, „wenn New York in einem lang anhaltenden Gähnen verklingt“.
Wie realitätsnah oder –fern die 13 Geschichten sind, bleibt offen, wie es das Genre der Fiktion vorgibt und doch möchte ich erfahren, ist das Alltag? Die Schikane der Polizisten am Straßenrand? Oder: Kann es sein, dass jemand den Sturz aus einem zur Landung ansetzenden Flugzeug überlebt? Der Sammelband ist in drei verschiedene Teile gegliedert und entführt uns in die Welt der Polizisten und Diebe sowie der Tötungsdelikte im Familienkreis. Das dritte Kapitel ist mit „Ankunft und Abflug“ betitelt, wobei die Einteilung in diese drei Kategorien willkürlich erscheint: Was hat ein Killeraffe mit der Ankunft eines schwulen Kommissars zu tun?
Für Liebhaber des Genres und Afrikainteressierte ist dieses Buch eine leichtgängig Lektüre ohne viel Tiefgang, welche doch Einblick in eine Stadt gibt, die als eine der gefährlichsten des Kontinents gilt: Widersprüchlich und schillernd.