Der Roman Period Pain von Kopano Matlwa erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die als Assistenzärztin in Johannesburg arbeitet. Die in Südafrika viel beachtete Schriftstellerin und Ärztin Kopano Matlwa feierte 2011 mit ihrem Debüt Coconut Erfolge, 2016 wurde mit Period Pain ihr aktuellster Roman veröffentlicht. Die Einblicke in das marode Medizinsystem Südafrikas werden wahrscheinlich von eigenen Erfahrungen gedeckt sein – so authentisch klingen die Schilderungen. Die deutsche Erstveröffentlichung erschien im August 2019 unter dem Titel Du musst verrückt sein, wenn du trotzdem glücklich bist.
Die Protagonistin des Romans, die junge, engagierte und idealistische Masechaba treibt das korrupte und ungleiche Medizinsystem ebenso um, wie die Schatten in ihrer Seele, die sie seit dem Suizid ihres Bruders verfolgen. Durch die konsequente Erzählperspektive aus Masechabas Sicht, in Tagebuchform und als Ansprache an Gott als Hadern mit seiner Unterstützung in ihrem schweren Schicksal, kann die Leserschaft ganz unmittelbar und nah an Masechabas Gefühlen teilhaben. Unterbrochen wird die Tagebuchperspektive lediglich durch Psalmen und Zitate aus der Bibel, die das Zweifeln an der Kraft und Unterstützung Gottes widerspiegeln.
Neben den Themen Familie, Freundschaft und psychische Erkrankung sind auch gesellschaftspolitische Aspekte Inhalt des Romans. Ungerechtigkeit als prägendes Thema des Romans wird durch das korrupte und ungleiche Medizinsystems ebenso dargestellt wie durch die existierende Fremdenfeindlichkeit im modernen Südafrika als Erbe der Apartheid. Ihre beste Freundin Nyasha aus Simbabwe sorgt dafür, dass sich Masechaba politisch engagiert, sodass sie sich schließlich in einem Alltag voller Gewalt und Gefahr aktivistisch gegen Fremdenfeindlichkeit einsetzt.
Nicht zuletzt ist Period Pain – wie schon der Titel verrät – ein Buch über Frausein: Masechaba leidet seit ihrer Jugend an so starken Menstruationsbeschwerden, dass sie sich sogar einer Operation unterziehen muss. Im letzten verstörenden Teil des Buches ist sexualisierte Gewalt das prägende Thema. Masechaba erfährt eine sog. „korrektive“ Massenvergewaltigung als „Reaktion“ auf ihren Einsatz gegen Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung, von der sie starke psychische und körperliche Verletzungen mit sich trägt. Die Verarbeitung der Vergewaltigung wird auf eine authentische und drastische Art beschrieben, die sich durch das Buch ziehende Auseinandersetzung mit Gott erfährt hier ihren erzählerischen Höhepunkt: „Wo warst Du, als es passiert ist? Hast du zugeschaut? Hat es Dich geschaudert? Hast du geweint? …Wie lange hast du es schon gewusst? Seit vorgestern oder seit vorvorgestern? Seit meinem siebten Geburtstag oder seit dem Tag meiner Geburt?“
Nach den vielen Schicksalsschlägen und dem Martyrium der Gruppenvergewaltigung endet das Buch hoffnungsvoll. Aus der Vergewaltigung ist ihre Tochter Mpho entstanden und statt eines weiteren psychischen Traumas erfährt Masechaba durch die Geburt ihrer Tochter Heilung. Die Mutterschaft wird im Roman als erlösendes und befriedendes Ereignis wie ein Allheilmittel gezeichnet. Der Schluss des Romans wirkt damit unrealistisch bis kitschig, als hätte die Autorin die Leserschaft zum Ende hin nach den verstörenden Schilderungen der brutalen Vergewaltigung doch noch positiv stimmen wollen.
Period Pain ist ein dünnes Buch mit viel Inhalt und einer interessanten Erzählperspektive. Die Vor- und Nachteile der Tagebuchform werden recht deutlich. So erlaubt diese Erzählform zwar starke Innenansichten, für die es ebenso starke Nerven braucht, die Sprache des Buches ist jedoch – einem Tagebucheintrag angemessen – zwar authentisch und jugendlich, aber recht schlicht. Wer darüber hinwegsehen kann und an der Gegenwart Südafrikas interessiert ist, sei der Roman über eine weibliche Protagonistin der jungen Generation im gegenwärtigen Südafrika empfohlen.
In dieser Rezension werden Inhalt, Stil und Wertung geschickt miteinander verknüpft.